Roland Appel<p><strong><a href="https://extradienst.net/?p=99385" rel="nofollow noopener" target="_blank">Schmierenkomödiant oder Erpresser?</a></strong></p><p>Wer in den letzten Tagen Nachrichten verfolgte, kann in den ohnehin schon durch neurotisch gesteigertes Eigenlob und peinliche Eitelkeit geprägten Äußerungen Donald Trumps eine Steigerung ins Penetrante erkennen. Ob Altersstarrsinn oder infantiler Trotz – was sein bei jeder unpassenden Gelegenheit aufgeführtes Quengeltheater hervorruft, ist egal. Das Schokoladeneis, das er Friedensnobelpreis nennt, hat der inzwischen vom biologischem Alter gezeichnete, geistig jedoch auf dem Niveau eines Siebenjährigen stehengeliebene nun wieder nicht bekommen. Obwohl die reale Preisträgerin rechtskonservativ ist, hat er sie und das Preiskommitee erst einmal öffentllich beschimpft. Sein Tick, für alles, was ihm missfällt, vom Gendern bis zu China, Joe Biden verantwortlich zu machen, wächst weiter.</p><p>Donald Trump ähnelt dabei immer mehr seinem Namensvetter Donald Duck, der lebenslang sein eigenes Versagen in heroische Siege umdeutet und die Verantwortung für Fehlschläge grundsätzlich den Anderen zuschiebt, sei es sein Nachbar Schundnickel, sein Onkel Dagobert oder die Neffen Tick, Trick und Track. Seine Hassprojektion trifft Gustav Gans, der wie Trumps Feindbild Joe Biden an allem schuld ist. Zwischen bei nüchterer Betrachtung lächerlich anmutender Hybris und offensichtlicher strategischer Dummheit, die sich unter anderem im Umgang mit Wladimir Putin zu beweisen scheint, verläuft dabei ein schmaler Grat. Seine Auftritte im Kreise höriger Komplizen, die speichelleckend seine Verdrehungen von Fakten zu einer “alternativen Realität” sowohl unterstützen, als auch als Lautsprecher verstärken, unterschreiten inzwischen das Niveau von Pippi Langstrumpfs “widdewiddewitt, mach mir die Welt, wie sie mir gefällt” um ein gutes halbes Lichtjahr.</p><p><strong>Feigheit und Kriechertum schützen vor Realität</strong></p><p>Trotzdem wagt es niemand aus der industriellen, angeblich demokratischen Weltelite des “Westens” (erinnern Sie sich noch an Joe Kaeser, Siemens-Chef bei Trumps 1. Amtszeit?), diesem offensichtlichen Vollpfosten Widerworte zu geben oder gar, ihn so lächerlich zu zeigen, wie er wirklich ist. Ob nach Beendigung seiner Amtszeit ein “<em>Kriechensnobelpreis</em>” für Staatschef:innen, Konzernlenker und Journalist:innen vergeben wird, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil – selbst wenn die Dotierung auf einen Euro pro Preisträger gesenkt würde, – noch Millionen Preisträger infrage kämen und Nobels Stiftung anschließend pleite wäre. Aber Progagandaminister J.D. Vance und die Minister für Medienkontrolle, Elon Musk und für Gedankenkontrolle, Peter Thiel, werden wohl alles versuchen, die nächste offene und freie Wahl zu manipulieren oder zu verhindern. Ob sie Trump für eine bisher nicht legale dritte Amtszeit überhaupt noch brauchen, haben die Protagonisten des Tech-Faschismus wohl noch nicht entschieden.</p><p><strong>Diplomatie wird zur Threrapiesitzung</strong></p><p>Seit Trumps Wiederwahl behandelt ihn die internationale Diplomatie wie eine entsicherte Handgranate. Es begann mit der Gratulation durch NATO-Generalsekretär Rutte. Schon seine Wahl war offensichtlich eine Entscheidung, die von therapeutischen Erwägungen geprägt wurde. Gehörte doch das geschickte Eingehen des Niederländers auf den gruppendynamischen Hammer Trump trotz dessen ungehobeltem Benehmen auf G 7- und G 20-Treffen zu seinen früh bewiesenen Stärken. Sein Vorgänger Stoltenberg hatte bei weitem nicht dieselbe besänftigende Wirkung. Ruttes Erstkontakt mit Trump war gezielt eine derart schwülstige und unterwürfige Begrüßung, dass vielen europäischen Beobachter:innen davon schlecht werden musste. Spätestens nach der krassen Brüskierung Wolodomir Selenskijs durch den Despoten im Weißen Haus, der keine Skrupel hatte, einfach mal öffentlich Täter und Opfer im Ukrainekrieg zu vertauschen, übte selbst Neukanzler Friedrich Merz, durch welche Gesten und Geschenke er Trump bei dessen Eitelkeit packen und ihm Bauchpinseln könne.</p><p><strong>Vorauseilende Unterwerfung als Erfolg verkauft</strong></p><p>Das Ergebnis waren zum einen das opportunistische Eingehen der NATO-Mitglieder auf Trumps 2,5% und bis zu 4% Rüstungswahn und das freiwillige Zugeständnis der EU, für den Export von Stahl und Stahlerzeugnissen “nur” 25% Zölle hinzunehmen. Nicht nur Merz, sondern auch Keir Starmer und Ursula von der Leyen haben sich voller Opportunismus, um schwereren Schaden von der EU und ihren Volkswirtschaften abzuwenden, auf erpresserische “Deals” mit Trump eingelassen. Was gegenwärtig in der internationalen Öffentlichkeit stattfindet, ist ein Schmierentheater erster Güte, das von den Beteiligten teils zur Rettung ihrer eigenen Allerwertesten und der Autorität vor der irregeführten Bevölkerung im besten macchiavellistischen Sinn, dass in der Not der Zweck die Mittel heilige, durchgezogen wird.</p><p><strong>Putin nimmt Europa für Trump als Geisel</strong></p><p>Gleichzeitig führt Trump die Weltöffentlichkeit, abgesehen von seinen Drohungen und Eskapaden gegenüber China, Indien und Südamerika, aber besonders Europa ständig vor. Sein Treffen mit Putin in Alaska war in der Sache ein politisches Desaster – für die Ukraine und für den Frieden in Europa.</p><p>Medien und die demokratische Öffentlichkeit in den NATO- und G-20 Staaten fragen sich immer wieder, welche Druckmittel Putin möglicherweise gegen Trump in der Hand habe, um seine immer wieder zu milde und beschwichtigende Haltung gerade im Ukraine-Krieg zu erklären. Natürlich gehört dazu auch die naheliegende Vermutung, dass Trump Putins Wohlwollen im Sicherheitsrat der UNO bräuchte, würde er von seiner Absicht Gebrauch machen, Grönland völkerrechtswidrig zu besetzen und zu annektieren. Aber ist das wirklich nicht nur eine Spekulation auf dem Niveau von Verschwörungstheorien?</p><p>Eine andere Motivation, die Trump immer wieder dazu bringen könnte, gegenüber Putin einzulenken, ist vielleicht viel einfacher erklärlich:</p><p><strong>Ohne Ukrainekrieg: Wirtschafts- und Zollkrieg EU – USA?</strong></p><p>Stellen wir uns einmal die Frage, was die EU eigentlich davon abhält, mit den USA und Trumps verrückten Zollforderungen einen ähnlichen Wirtschaftskrieg um Zölle und Wirtschaftsinteressen zu führen, wie es China und Teile der BRICS-Staaten tun. Die EU kann es sich derzeit keinesfalls leisten, weil sie nicht nur ökonomisch, sondern vor allem militärisch von den USA abhängig ist. Ganz Europa und nicht nur die Ukraine sitzen derzeit in der Falle der Abhängigkeit von US-Waffenlieferungen und Kriegslogistik und des strategisch unverzichtbaren Satellitensystems “Starlink” von Elon Musk. Und die USA haben auch den Daumen auf den Tomahawk-Raketen mit großer Reichweite.</p><p>Die EU ist kurzfristig gezwungen, US-Waffen wie etwa die völlig überteuerte F-35 zu kaufen, bei der Trump nach Expertenmeinung vermutlich über einen Abschaltknopf verfügt, wenn jemand damit seinem Freund Putin zu sehr auf die Pelle rücken sollte. Der Ukrainekrieg ist für Trump das nahezu vollkommene Druckmittel, um die EU politisch zu jedem Zugeständnis zu erpressen, weil sie politisch jede Glaubwürdigkeit verlöre, würde sie die Ukraine Putin überlassen. Und weil sie so weit abgerüstet hat, dass sie aus eigener Kraft Putin derzeit nicht glaubwürdig abschreckend imponieren kann.</p><p><strong>Ein Ende des Ukrainekriegs ist nicht in Trumps Interesse</strong></p><p>Kein Wunder, dass Trump nun dem Wunsch Wolodomir Selenskijs, Tomahawk-Raketen mit großer Reichweite durch die EU für ihn kaufen zu lassen, nicht entsprochen hat. Denn was Trump gar nicht braucht, wäre ein Frieden in der Ukraine, der der EU den Rücken frei hält, ihre ureigenen wirtschaftlichen Interessen gegenüber den USA wieder repressionsfrei zu verfolgen. Deshalb wird es bei den bevorstehenden Verhandlungen von Trump und Putin höchstwahrsheinlich auch keinen Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine geben. Offen ist allein die Frage, wie es Trump schaffen wird, ein Scheitern der Verhandlungen entweder der EU, der Ukraine oder Putin, allen drei oder Joe Biden in die Schuhe zu schieben. Den ersten Schritt hat er vorgestern schon getan, indem er schrittweise immer weiter von seinem Satz abrückt, die Ukraine “könne ihr Land zurückerobern”, der Ukraine dann die Tomahawk-Raketen versagte und ganz aktuell wieder davon spricht, dass die derzeitigen Kampflinien eingefroren werden sollten und die Ukraine ihre Industriegebiete im Osten an Russland abtreten solle. Zwei Wendungen hin und zurück um 180 Grad innerhalb von fünf Wochen – Putin wird sich ins Fäustchen lachen – er hat ja mal wieder mit Trump telefoniert.</p><p>Für den ist dieses Spiel völlig ohne Risiko, solange sich die demokratische Öffentlichkeit und die Staatschefs der “westlichen Demokratien” nicht den Realitäten stellen, sich ohne die USA neu ordnen und gegen Oligarchen, Antidemokraten und Verrätern der Grund- und Menschenrechte – auch in den eigenen Reihen konsequent vorgehen. Das betrifft Meloni, Orban und die PIS-Partei Kaczyńskis ebenso wie die deutsche AfD, Marine Le Pen und die Putin-Freunde in der Regierung des EU-Beitrittskandidaten Serbien.</p><p><strong>Ungarn als Verhandlungsort ist eine Provokation der EU</strong></p><p>Die Tatsache, dass Donald Trump angekündigt hat, Wladimir Putin in Ungarn treffen zu wollen, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen, ist eine außenpolitische Provokation. Ungarn ist der einzige EU-Staat, in dem sich der korrupte Staatschef Viktor Orban weigert, EU-Recht durchzusetzen und angekündigt hat, auch den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte in Den Haag gegen Putin nicht vollstrecken zu wollen. Natürlich geht es Trump darum, Orban, der im Wahlkampf um die im nächsten Jahr bevorstehenden Präsidentschaftswahlen zurückliegt, auf diesem Weg Wahlkampfhilfe zu leisten, deutlich über das hinaus, was Musk und die Tech-Oligarchen auf den (a)sozialen Netzwerken auch in der Bundestagswahl an Manipulation beigetragen haben. Die EU sollte sich deshalb hüten, dem Theaterspiel in Ungarn durch ihre Teilnahme mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung als nötig zu verleihen. Denn die offene Frage bleibt, ob bei Trump der Impuls, nun erneut “einen Friedensschluss gestiftet zu haben” und damit die Befiedigung seiner Eitelkeit siegen, oder das ökonomische Interesse, dass eine als Kriegsunterstützerin der Ukraine geforderte EU sich einen Wirtschaftskrieg mit den USA ökonomisch einfach nicht leisten kann.</p><p><strong>Anders als beim letzen Treffen?</strong></p><p>Anders als in Alaska gibt es diesmal zwar eine Vorbereitung durch Arbeitsgruppen, Kontakte auf diplomatischer Ebene zwischen den USA und Russland. Das könnte Hoffnung bedeuten, wären da nicht die beschriebenen Interessengegensätze und die entsprechenden wiederholten Forderungen Trumps nach Gebietsabtretungen an die Ukraine. Eine Chance auf eine Perspektive der Ukrainer:innen, dass die permanente nächtliche Terrorisierung der Bevölkerung in absehbarer Zeit ein Ende findet, scheint wieder einmal unmerklich zu diffundieren – weil genau das Trumps Interessen entspricht.</p>